In letzter Zeit ist uns aufgefallen, dass in den sozialen Medien immer häufiger davon gesprochen wird, dass Milchprodukte ungesund seien, weil sie angeblich Krebs, Entzündungen, Übergewicht und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems begünstigen. Daher wollen wir heute einmal etwas Aufklärungsarbeit leisten und euch anhand von Studien zeigen, was an diesen Behauptungen dran ist.
Vor einigen Jahren hat sich im Internet die Nachricht verbreitet, dass der Verzehr von kohlenhydrat- oder zuckerreichen Lebensmitteln dazu führen könnte, dass der Körper mehr Fett einlagert, weil Lebensmittel mit einem hohen glykämischen Index den Blutzuckerspiegel erhöhen und die Insulinproduktion anregen.
Zwar ist es tatsächlich so, dass zuckerreiche Lebensmittel den Blutzuckerspiegel erhöhen können (wobei es auch da darauf ankommt, ob diese Lebensmittel isoliert verzehrt werden oder zusammen mit protein- oder fettreichen Lebensmitteln), allerdings haben neueste Studien gezeigt, dass selbst eine Ernährung, die reich an Lebensmitteln mit einem hohen glykämischen Index ist, nicht automatisch einen höheren Körperfettanteil begünstigt, sofern man sich nicht in einem Kalorienüberschuss befindet (vgl. u.a. Gaesser et al. (2021) und Bosy-Westphal et al. (2016)).
Mit anderen Worten: es gibt keine Lebensmittel, die automatisch dick machen.
Weder Zucker, noch Fast Food oder Milchprodukte.
Worauf es ankommt, ist Deine Kalorienbilanz.
Nimmst Du mehr Kalorien zu Dir als Du verbrauchst, nimmst Du zu (selbst, wenn Du Dich ausschließlich von zuckerarmen, natürlichen Lebensmitteln ernähren würdest).
Nimmst Du weniger Kalorien zu Dir als Du verbrauchst, nimmst Du ab (selbst, wenn Du Dich sehr zuckerreich ernähren würdest).
Dennoch wäre es zu oberflächlich jetzt zu sagen, dass es beim Abnehmen nur auf die Kalorien ankommt und dass es total egal ist, was man isst.
Denn was wir essen beeinflusst auch wie gut wir uns gesättigt fühlen und wie viele Kalorien wir bei der Verdauung verbrennen.
Manche Milchprodukte wie z.B. Mascarpone, Sahne, Butter oder fettreicher Käse sind sehr kalorienreich.
Je mehr Du von diesen Milchprodukten isst desto schneller ist Dein Kalorienbudget für den Tag aufgebraucht.
In einer Studie von Alonso et al. (2009) hat der Verzehr von Vollfettmilchprodukten zu einer Gewichtszunahme geführt, nicht aber der Konsum von Light-Milchprodukten.
Das heißt nicht, dass Du fettreichere Milchprodukte meiden solltest, wenn Du abnehmen willst, aber wenn es Dir schwerfällt in Deinem Kalorienbudget zu bleiben, kann es von Vorteil sein diese durch fettärmere Varianten zu ersetzen.
Beachte aber, dass Du während einer Diät auch ausreichend Fett zu Dir nehmen solltest.
Fette sind u.a. wichtig für Deine Hormonproduktion und erleichtern die Nährstoffaufnahme. Zudem fühlen sich manche Menschen durch fettreichere Gerichte besser gesättigt.
Wenn Du überlegst während Deiner Diät ganz auf Milchprodukte zu verzichten (z.B. weil Du Dich vegan ernähren möchtest), dann beachte bitte, dass wir gewöhnlich einen Großteil unseres Calciumbedarfs durch Milchprodukte decken.
Calcium ist u.a. wichtig für die Gesundheit unserer Knochen und beeinflusst auch unser Sättigungsgefühl.
Wenn Du auf Milch und Co. verzichtest, integriere daher mehr calciumreiche Lebensmittel in Deine Ernährung wie z.B. pflanzliche Milch, Mineralwasser, Tofu, Hülsenfrüchte und Gemüse wie Grünkohl und Brokkoli.
Des Weiteren sind Milchprodukte wie Quark, Skyr, Milch, Käse, Frischkäse und Joghurt auch reich an Proteinen.
Eine proteinreiche Ernährung kann Dein Sättigungsgefühl sowie Deinen Kalorienverbrauch signifikant erhöhen und zudem zum Erhalt von Muskelmasse beitragen.
Eine Metastudie von Abargouei et al. (2012) hat gezeigt, dass der Verzehr von Milchprodukten aufgrund der beschriebenen Mechanismen in einem Kaloriendefizit zu einer um 1,11 kg höheren Körperfettabnahme und einer um 0,72 kg höheren Zunahme von Muskelmasse führen kann.
Wenn Du Dich vegan ernährst, kann es daher sinnvoll sein zusätzlich zu den Mahlzeiten Protein Shakes zu trinken. Wie viel Protein Du benötigst und welche Eiweißpulver wir empfehlen, erfährst Du in diesem Artikel von uns: „Die optimale Eiweißzufuhr für Frauen“.
Nun stellt sich die Frage, ob Milchprodukte ungesund sind.
Häufig ist nämlich im Internet zu lesen, dass Milchprodukte aufgrund ihrer Verarbeitung krebserregend wirken könnten. Schauen wir uns einmal die Studien dazu an.
Lu et al. (2016) haben eine Metaanalyse von 11 Kohorten-Studien mit insgesamt knapp 800.000 Teilnehmern durchgeführt und konnten zwar feststellen, dass der Verzehr von Milchprodukten mit keinem allgemein höheren Krebsrisiko assoziiert war, allerdings konnte in einer weiteren Dosis-Wirkungs-Analyse beobachtet werden, dass bei Männern das Risiko an Prostatakrebs zu erkranken umso höher war je mehr Vollmilch sie tranken (vgl. dazu auch Allen et al. (2008) und Aune et al. (2014)).
Allerdings ist es momentan noch nicht hinreichend erforscht, ob tatsächlich die Milchprodukte (also beispielsweise das Calcium aus den Milchprodukten) das Prostatakrebsrisiko erhöht oder ob dies auf einen anderen Faktor zurückzuführen ist (wie z.B. Übergewicht, ein allgemein ungesunder Lebensstil oder Fehler bei der Messung; vgl. Szilagyi (2015)). Daher kann man im Moment nur festhalten, dass Milch möglicherweise das Risiko an Prostatakrebs zu erkranken erhöht, aber das noch weitere Forschung notwendig ist.
Da Du wahrscheinlich eine Frau bist, betrifft Dich Prostatakrebs ohnehin nicht.
Wie ist es aber mit Brustkrebs?
Eine Metastudie von Dong et al. (2011) kam zudem Ergebnis, dass der Verzehr von Milchprodukten (außer Milch) mit einem geringeren Brustkrebsrisiko assoziiert war.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch die Metastudie von Zang et al. (2015). Hier konnte beobachtet werden, dass ein moderater Verzehr von Milchprodukten (400 bis 600 g pro Tag) und ein hoher Konsum (> 600 g pro Tag) das Risiko für Brustkrebs signifikant reduzieren konnte – von allen Dingen, wenn Joghurt und fettarme Milchprodukte verzehrt wurden (der Verzehr von anderen Milchprodukten erhöhte nicht das Risiko, aber reduzierte es eben auch nicht).
Eine neuere Kohorten-Studie von Fraser et al. (2020) kam allerdings nun zu dem Ergebnis, dass ein häufiger Konsum von Milch tatsächlich mit einem höheren Risiko für Brustkrebs verbunden ist.
Hierbei ist aber zu beachten, dass Kohorten-Studien allgemein keine verlässlichen Aussagen über Ursachen und Wirkungen ermöglichen.
Es ist daher gut möglich, dass das höhere Brustkrebsrisiko auf andere Faktoren als den Milchkonsum zurückzuführen war (in dieser Studie wurde beispielsweise die Diät der Teilnehmer nicht fortlaufend überwacht). Auf der anderen Seite weist diese Studie daraufhin, dass das niedrigere Brustkrebsrisiko in den oben genannten Metastudien möglicherweise nicht auf den Verzehr von Milchprodukten, sondern auf den Konsum von Sojaprodukten zurückzuführen sein könnte.
Es ist aber fraglich, ob Sojaprodukte tatsächlich, das Brustkrebsrisiko reduzieren können, da dies bisher nur in asiatischen Kohorten-Studien beobachtet werden konnte (vgl. u.a. Lee et al. (2009) und Wu et al. (2013)).
Andere Studien legen nahe, dass das niedrigere Brustkrebsrisiko auf eine höhere Vitamin D- und Calcium-Aufnahme zurückzuführen sein könnte (vgl. dazu die Women’s Health Study von Lin et al. (2007).
Das amerikanische Institut für Krebsforschung sieht zurzeit noch keinen Hinweis dafür, dass Milchprodukte das Brustkrebsrisiko erhöhen können und verweist auf den AICR/WCRF Breast Cancer Report, der 119 Studien mit über 12 Millionen Teilnehmern untersuchte.
Risikofaktoren für Brustkrebs sind demnach vorwiegend Übergewicht, Alkoholkonsum und Bewegungsmangel.
Auch das Risiko an Darmkrebs zu erkranken ist möglicherweise geringer, wenn man regelmäßig Milchprodukte verzehrt.
Eine Metastudie von Aune et al. (2012) fand, dass insbesondere der regelmäßige Verzehr von Milch mit einem bis zu 20 % niedrigeren Risiko für Darmkrebs assoziiert war.
Barrubés et al. (2019) konnten in ihrer Meta-Analyse Ähnliches feststellen. Hier führte der Verzehr von Käse und Milch zu einem insgesamt niedrigeren Darmkrebsrisiko, wobei der Konsum von fettarmer Milch besonders das Dickdarmkrebsrisiko senkte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es momentan keine Belege dafür gibt, dass der Verzehr von Milchprodukten bei Frauen das Risiko an Krebs zu erkranken erhöht.
Ob Männer ein geringeres Risiko haben an Prostatakrebs zu erkranken, wenn sie ihren Konsum reduzieren, ist noch nicht hinreichend erforscht.
Da viele Milchprodukte auch reich an gesättigten Fetten sind, haben viele Angst, dass ein allzu hoher Verzehr von Milchprodukten ungesund ist und sich negativ auf ihre Herzgesundheit auswirken könnte. Schauen wir mal, was die Wissenschaft dazu sagt.
Auch hier gibt es einige Metastudien, die dies untersucht haben.
Metastudie von Soedamah-Muthu et al. (2011):
Möglicherweise insgesamt leicht niedrigeres Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, wenn regelmäßig Milch verzehrt wird.
Systematische Review von Drouin-Chartier et al. (2016):
Es gibt laut aktuellem Forschungsstand keinen Beleg dafür, dass irgendein Milchprodukt das Risiko für bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Allgemein sind die Auswirkungen als neutral zu betrachten und in manchen Fällen gar positiv (es wird z.B. als wahrscheinlich angesehen, dass ein regelmäßiger Verzehr von fettarmen Milchprodukten das Risiko für Bluthochdruck senkt).
Es gibt auch keine Belege dafür, dass fettreiche Milchprodukte sich negativ auswirken könnten, allerdings ist noch mehr Forschung nötig, um herauszufinden, ob fettreichere oder fettärmere Milchprodukte aus gesundheitlichen Gründen vorzuziehen sind.
Systematische Review von Guo et al. (2017):
Kein Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Milchprodukten und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Falle von fermentierten Milchprodukten wie Käse und Joghurt möglicherweise sogar positive Auswirkungen.
Ebenso weisen verschiedene Studien daraufhin, dass der Verzehr von Milchprodukten (insbesondere Joghurt und fettarme Milchprodukte) mit einem niedrigeren Risiko für Diabetes Typ 2 verbunden ist, wobei es unklar ist, ob sich das niedrigere Risiko durch ein besseres Gewichtsmanagement oder andere Faktoren wie z.B. eine gesündere Darmflora aufgrund des Konsums von fermentierten Milchprodukten oder eine bessere Insulinsensitivität ergibt (vgl. u.a. Elwood et al. (2010), Tong et al. (2011), Gao et al. (2013), Aune et al. (2013), Forouhi et al. (2014)).
Zusammenfassend kann man also sagen, dass es zurzeit keine Hinweise darauf gibt, dass Milchprodukte sich negativ auf das Herz-Kreislauf-System auswirken können.
Allerdings kann ich mir vorstellen, dass es schon einen Unterschied ausmachen könnte, welche Milchprodukte man zu sich nimmt. Butter ist beispielsweise besonders reich an gesättigten Fettsäuren und eine Studie von Rosqvist et al. (2015) hat gezeigt, dass der Verzehr von Butter zu höheren LDL-Cholesterinwerten führen kann. Daher wäre unsere Empfehlung den Verzehr von Butter zu minimieren und den Fokus stärker auf andere Milchprodukte wie Magerquark, Milch, Käse, Joghurt und Kefir zu legen.
Weitere lesenswerte Studien zu dem Thema:
Kongerslev Thorning et al. (2016): Milk and dairy products: good or bad for human health? An assessment of the totality of scientific evidence
Auch hierfür gibt es keine klaren Belege. Die meisten Studien deuten daraufhin, dass Milchprodukte entweder neutrale Effekte haben oder gar entzündungshemmend wirken (vgl. u.a. Labonté et al. (2014), Bordoni et al. (2017) und Moosavian et al. (2020)). Ebenso scheint der Konsum von Milchprodukten das Risiko, an rheumatoider Arthritis zu erkranken, nicht zu erhöhen (vgl. Sundström et al. 2019).
Solltest Du jedoch eine Allergie, Unverträglichkeit oder eine bestimmte genetische Veranlagungen haben, kann möglicherweise der Verzehr von (bestimmten) Milchprodukten tatsächlich Entzündungsreaktionen begünstigen. Hier spielt aber die Art des Milchprodukts sowie die individuelle Verträglichkeit eine wichtige Rolle.
Bei rheumatischen Erkrankungen wird gelegentlich ein Verzicht auf Milchprodukte empfohlen, allerdings ist hier die Studienlage nicht eindeutig.
Manche Betroffene berichten von einer Verbesserung ihrer Symptome, wenn sie auf Milchprodukte verzichten, während andere keine negativen Auswirkungen durch den Verzehr feststellen.
Da Rheuma-Erkrankte häufig nicht ausreichend Calcium zu sich nehmen und Kortisonbehandlungen zusätzlich das Risiko für Osteoporose erhöhen können, empfiehlt sowohl die Deutsche Rheuma Liga, als auch die Schweizer Gesellschaft für Ernährung und die amerikanische Arthritis Foundation nicht komplett auf Milchprodukte zu verzichten – sofern sie gut vertragen werden.
Fermentierte Milchprodukte wie Joghurt oder Kefir, die reich an probiotischen Kulturen sind, können aufgrund ihrer entzündungshemmenden Eigenschaften für Menschen mit Rheuma zudem besonders vorteilhaft sein. Des Weiteren ist es empfehlenswert ausschließlich fettarme Milchprodukte zu verzehren, da diese weniger gesättigte Fettsäuren enthalten.
Ja! Schätzungsweise 15 bis 20 % aller Deutschen leiden an einer Laktoseintoleranz.
Allerdings ist auch bei einer Laktoseintoleranz in der Regel kein vollständiger Verzicht auf Milchprodukte notwendig.
Mittlerweile ist in vielen Supermärkten nicht nur Milch, sondern auch Frischkäse und Quark in laktosefreien Varianten erhältlich.
Solltest Du diese nicht in Deiner Gegend vorfinden, könntest Du Dir in der Apotheke Laktasetabletten holen. Diese ermöglichen Dir Milchprodukte problemlos zu verdauen.
Zudem hat eine Studie von Corgneau et al. (2017) gezeigt, dass die meisten Laktoseintoleranten bis zu 12 g Laktose pro Mahlzeit und bis zu 24 g Laktose pro Tag ohne größere Beschwerden gut vertragen.
Es ist falsch zu sagen, dass Milchprodukte ungesund sind.
Zwar deuten einige epidemiologische Studien daraufhin, dass der Verzehr von Milch das Risiko an Prostatakrebs zu erkranken erhöhen könnte, allerdings ist hierzu noch mehr Forschung notwendig. Im Falle von Darmkrebs, Brustkrebs, Diabetes Typ 2 sowie Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems deuten eine große Anzahl von Studien daraufhin, dass ein regelmäßiger Verzehr von Milchprodukten neutrale bis schützende Effekte Auswirkungen haben könnte.
Des Weiteren gibt es keine Hinweise dafür, dass Milchprodukte Entzündungen oder Übergewicht fördern.
Wenn Du während Deiner Diät regelmäßig zu Milchprodukten greifst, wirst Du möglicherweise weniger Hunger haben und kannst dem Abbau von Muskelmasse besser vorbeugen.
Wenn Du aus ethischen Gründen oder aufgrund einer Allergie auf Milchprodukte verzichtest, achte darauf, dass Du ausreichend Calcium und Eiweiß zu Dir nimmst.
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